Kritische Zeiten

Wenn von kritischen Zeiten zu reden ist, hat das fast immer mit Geld zu tun; andere schwierige Situationen wurden immer ohne viel Aufhebens intern geregelt. Natürlich gab es die auch: Probleme mit Eltern und Kindern, Unstimmigkeiten unter Mitarbeitern wegen verschiedener Meinungen über die pädagogische Linie oder den Stellenwert von Ordnung und Disziplin. Dem dienten Aussprachen und Teamsitzungen.

Um Geld aber ging es oft und immer war im Hintergrund die Angst: Muss die Hausaufgabenhilfe schließen? Sie musste nie und ich glaube, mit der guten Absicht der Handelnden und Gottes Hilfe wird sie ­zumindest aus finanziellen Gründen nicht schließen müssen.

Am Anfang war uns noch nicht recht klar oder bewusst, dass wir mit der Hausaufgabenhilfe eine Einrichtung gegründet hatten, die Anspruch auf staatliche beziehungsweise kommunale Unterstützung hat. Wir begnügten uns lange Jahre mit insgesamt 5.000,- Mark pro Jahr von der Stadt Siegen, die sich der Stadtjugendring und das Jugendamt teilten. Mit den Jahren – zum ersten Mal etwa vor zehn oder zwölf Jahren – veränderten sich die Finanzierungsmöglichkeiten der Hauptgeldgeber, Evangelische Kirchengemeinde Weidenau und Katholische Kirchengemeinde Heilig Kreuz. Ich bin damals oft gefragt worden, ob man nicht Geld sparen könne, wenn man die Arbeit in das Evangelische Gemeindehaus Schlehdornweg verlege; damit wäre aber etwas ganz Entscheidendes verloren gegangen: die Arbeit vor Ort, die Tatsache, dass Kinder nur über den Siedlungshof zu gehen brauchten, um zu uns zu kommen. Noch mehr spitzte sich die Lage nach dem Jahr 2005 zu: Ganz offen sagte das Presbyterium, dass es sich nicht mehr in der Lage sähe, seinen Jahresbetrag von mittlerweile ungefähr 20.000,- Euro aufzubringen. Was tun?


Mit Carsten Stolz, damals Jugendreferent der Evangelischen Gemeinde, hatte ich ein paar Jahre vorher mit anderen Mitstreitern einen Verein gegründet, Stadtteilkonferenz Weidenau e.V. der sich die Förderung der Kinder- und Jugendlichenarbeit im Stadtteil zum Ziel gesetzt hatte. Wir wurden schnell anerkannter Freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Hier war mir nun aus meiner Arbeit in der Gemeinde die ­Problematik der Hausaufgabenhilfe bekannt, da wusste ich nun mehr über Kinder- und Jugendhilfe als früher. Und so schlug ich den Vorstandskollegen des Vereins vor, die Hausaufgabenhilfe als Träger zu übernehmen. Das Risiko erschien uns allen groß: Außer Mitgliedsbeiträgen von ein paar Euro pro Jahr hatten wir keine fixen Einnahmen und der Finanzbedarf für ein Jahr betrug zu der Zeit mindestens 27.000,- Euro. In vielen Sitzungen wurde darum gerungen, ob wir oder unter welchen Bedingungen wir die Hausaufgabenhilfe übernehmen und damit retten könnten. 

 

In unserem Land gilt für staatliche Aufgaben das Subsidiaritätsprinzip: Wenn ein Freier Träger (kann zum Beispiel Kirche oder ein Verein sein) eine staatliche soziale Aufgabe übernimmt (Kindergarten oder Krankenhaus), so hat der Staat einerseits auf die Einhaltung der Standards zu sorgen, andererseits die Arbeit entscheidend mitzufinanzieren. Es kam also darauf an, dass wir der Stadt nachwiesen, dass wir Arbeit machten, die eigentlich sie tun müsste. In vielen Gesprächen im Jugendamt mit der damaligen Ressortleiterin, Frau Agnes Juchems, (deren Mann eine Zeitlang auch in der Hausaufgabenhilfe ehrenamtlich tätig war) stellte sich schnell heraus, dass die Stadt grundsätzlich ein großes Interesse hatte, dass die Hausaufgabenhilfe erhalten bliebe; gleichzeitig befand sich die Stadt aber auch in einer sehr schwierigen finanziellen Lage. Wir sollten nachweisen, dass unsere Arbeit einmal von der schulischen Förderung der Kinder professionelles Format hatte und zum zweiten, dass wir außerdem „Hilfe zur Erziehung“ leisteten und damit den HzE Ansprüchen genügten. Da wir beides schnell nachweisen konnten, kam es nun auf eine entscheidende Sitzung an, die im Gemeindehaus von Heilig Kreuz stattfand mit Pfarrer Heiermann und Mitgliedern des Presbyteriums, Pfarrer Neumann und Mitgliedern des Kirchenvorstandes, Frau ­Juchems und Herrn Georg Ritter von der Stadt und uns, der Stadtteilkonferenz. Niemand wollte eine Zahl nennen, die seinen Anteil betraf, aber zum Schluß kamen wir doch zusammen. Daraufhin erklärte sich Frau Juchems bereit, über den Rest eine Leistungsvereinbarung mit der Stadtteilkonferenz abzuschließen, die an  verschiedene Bedingungen geknüpft war. Damit war es geschafft. So konnten wir von der Stadtteilkonferenz die Trägerschaft der Hausaufgabenhilfe übernehmen.

 

Dabei ist es bis heute geblieben. Es sind weitere notwendige Neuerungen über die Bühne gegangen wie die Erweiterung der Arbeitszeit der hauptamtlichen Kraft auf 30 Wochenstunden; die Stadt ließ sich überzeugen, dass nur so der Standard unserer Arbeit in Bezug auf schulische Förderung und HzE gehalten werden konnte. Im übrigen schloss sich die Baptistengemende Engsbachstraße dem Kreis unserer ständigen Förderer an und unterstützt uns regelmäßig mit einem namhaften Betrag, der in Zukunft für die Finanzierung der Jungengruppe bestimmt ist.

 

Last but not least wollen wir uns an dieser Stelle ganz besonders für das großartige Engagement aller ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedanken, ohne das die Hausaufgabenhilfe nicht machbar wäre.

 

Ausblick

Die Hausaufgabenhilfe Zinsenbach nach fünfundzwanzig Jahren. Weiter...